Die Erde nur geborgt
Politisches Engagement

Offener Brief an Andreas Lang (Landtagskandidat der Freien Wähler in Wilhelmshaven)

Sehr geehrter Herr Lang,

ich beziehe mich auf das von der am 16.09.2022 in der Wilhelmshavener Zeitung veröffentlichte Interview mit Ihnen.

Im speziellen haben mich Ihre Einlassungen zum Thema Energie bestürzt und auf das Äußerste verärgert.

Auf die Frage, ob wir denn keine LNG-Terminals brauchen, antworten Sie: „Es ist eine Alternative,aber eine sehr teure. Wir haben hier genug Gas in Niedersachsen, es herrscht kein Mangel.“ und auf den Einwand der WZ-Redaktion, dass das Gas dann hier auch gefördert werden müsse, erwidern Sie: „Ja, das ist verboten. Aber wenn wir es nicht verbieten würden, würden die Preise fallen. So wäre es auch mit der Atomkraft, würden wir einige Werke bauen, würde der Preis für Strom fallen.

Herr Lang, das Gas in Niedersachsen könnte nur durch eine nachgewiesenermaßen extrem umweltschädliche Methode – dem Fracking – gehoben werden. Ihre an früherer Stelle gemachte Äußerung, dieses Gas könne Niedersachsen die nächsten 30 – 40 Jahre versorgen, zeigt ebenso, dass sie sich mit Energiepolitik ganz offensichtlich noch nicht befasst haben. Wir brauchen eine Energiestrategie für Europa und insbesondere für Deutschland. Auch Ihr Vorschlag zum Bau von neuen Atomkraftwerken, geht an jeder Realität vorbei, wenn sie kurzfristig eine Energiekrise abwenden wollen. Von der Planung über den Bau bis zur Inbetriebnahme eines AKW dürften bummelig 10 Jahre ins Land gehen. Der Atomstrom ist auch nur deshalb vermeintlich billig, da die Gesamtkosten für Betrieb, Uranabbau, Brennstabproduktion bis hin zur Entsorgung der Brennstäbe und Rückbau der Anlage im Preis überhaupt nicht abgebildet werden. Außerdem ist der Atomausstieg gesetzt.

Der Hammer kommt aber ja noch. Auf die Klimawirksamkeit ihrer Vorschläge angesprochen, sagen Sie: „Klimawandel ist das, was in fünfzig Jahren passiert. Wir reden von Problemen, die unmittelbar anstehen.

Sorry, aber an der Stelle war ich eigentlich raus. Herr Lang, Klimawandel ist das, was bereits jetzt in erheblichem Maße weltweit – auch in Deutschland – Menschenleben fordert und unfassbare volkswirtschaftliche Schäden verursacht. Dürren, Überflutungen und Stürme sind noch vergleichsweise harmlose Vorboten dessen, was uns erwartet, wenn wir Ihrer Einstellung folgen würden. Manchmal hilft es Nachrichten zu schauen und der Wissenschaft zu glauben, die lange mit hoher Expertise an dem Thema forscht.

Und zum Schluss Herr Lang, lassen sie ein Statement ab, dass mindestens allen Menschen unter 60 vor Augen führen müsste, dass es unverantwortlich wäre Sie zu wählen.

Auf die Frage der WZ-Redaktion, ob es Ihnen denn egal wäre, dass Sie mit Ihren Ideen, die Lösung der Klimaproblematik auf nachfolgende Generationen abwälzen, erlauben Sie sich als Antwort: „Das müssen sie lösen,wenn es so weit ist. Unsere Eltern haben auch nicht alles für uns gelöst. Der Laden muss aber laufen. Wir können nicht etwas tun oder es lassen, weil wir vielleicht in 50 Jahren die Auswirkungen davon spüren.

Herr Lang, dieser Satz ist purer Zynismus und strotzt vor einem Egoismus, der seinesgleichen sucht. Dieses „Nach mir die Sintflut“-Denken hat uns in den vergangenen Jahrzehnten genau dort hin gebracht, wo wir heute stehen. Ihnen ist der Tod und das Elend von Millionen Menschen offensichtlich egal, solange ihre Stromrechnung morgen günstig ist und der Sprit billig bleibt.

Diese, Ihre Aussage, ist nach meiner Ansicht nicht nur auf die Energiefrage zu beziehen, sondern spiegelt vermutlich Ihre Grundhaltung wider.

Von einem Arzt und Akademiker hätte ich etwas anderes erwartet.

Gruß

Ulf Berner

(Ratsherr)

 

Ulf Berner ist Kaufmann, Journalist und Kommunalpolitiker Seit 2021 Ratsherr im Stadtrat Wilhelmshaven