Schulfrei für Höcke
WeAct-Petition mit 150.000 Unterschriften in Wiesbaden übergeben
Am 12.12.2019 um 13.15 habe ich gemeinsam mit Rasmus Grobe von Campact die Petition „Den Faschisten Björn Höcke aus dem Beamtenverhältnis entfernen“ mit 150.116 Unterschriften im hessischen Kultusministerium in Wiesbaden abgegeben.
Der Tag der Übergabe
Nach 5-Stündiger Anreise aus Wilhelmshaven, kam ich gemeinsam mit meinem Mann um 12.20 Uhr in Wiesbaden an.
Wir wurden von Rasmus und dem weiteren Campact-Team empfangen. Für 13:00 Uhr hatten wir die Demonstration angesetzt. Noch war der Luisenplatz relativ leer und wir konnten uns erst einmal zum Ablauf absprechen. Das Campact Team hatte nicht nur die Petition als Buch dabei, sondern sehr kreative Schilder und ein Banner.
Die ersten Menschen gesellten sich zu uns, teilweise hatten sie selbst Schilder gebastelt, die anderen wurden mit unseren Schildern versorgt. Wir sprachen über die Petition und die Rechtsextreme Entwicklung in Deutschland. Viele Menschen kamen auf mich zu , um sich für die Petition zu bedanken. Erste Pressevertreter*innen erschienen. Gegen 13.00 Uhr stellten wir unser Kampagnenfoto mit den Mitdemonstrant*innen – eine etwas komische Situation so in fremdem Umfeld im Mittelpunkt zu stehen. Es war doch eigentlich die Petition, also die Sache an sich, der HauptAct – aber offensichtlich brauchen Kampagnen Gesichter.
Gegen 13:15 Uhr machten sich Rasmus Grobe von weACT und ich uns auf den Weg ins Ministerium. Wir hatten bereits im Vorfeld eine klare Absage des Minister Lorz erhalten. Der wollte die Petition nicht annehmen, weil er die rechtliche Grundlage für unsere Forderung nicht sah. Als wir die Aussage den Demonstrant*innen mitteilten, schallte es laute Pfiffe und Buh-Rufe.
Wir wollten nun sehen, wie weit wir in das Ministerium vordringen konnten und wer schliesslich die Petition entgegen nehmen würde. Es war ein kurzer Weg. Bereits im Vorraum beim Pförtner war Schluss. Dieser hatte Anweisung die Petition entgegen zu nehmen.. Immerhin mussten wir sie nicht draussen in den Briefkasten einwerfen.
Als wir wieder aus dem Gebäude kamen, standen da die etwa 60 Demonstrant*innen mit Schildern und skandierten:
„Wir sind hier, wir sind laut, weil der Minister sich nicht traut“
Nach einigen Interviews mit den Landes- und Lokalmedien haben wir noch eine ganze Weile mit den Mitdemonstrant*innen diskutiert.
Ich habe an diesem Tag wieder einmal großartige, engagierte Menschen kennengelernt und bin Dankbar für die Unterstützung. Bei der Nachbesprechung mit dem weACT/Campact Team war uns klar: Wir machen weiter! Dies ist nur der großartige Anfang!
Bilder vom Tag
Fotos: Georg Berner-Waindok und Philip Eichler
Meine Rede im Wortlaut
Moin, liebe Mitmenschen, Demokrat*Innen und Pressevertreter*innen.
Am 26. September urteilte das Verwaltungsgericht Meiningen, dass wir Björn Höcke einen Faschisten nennen dürfen. Zu diesem Beschluss wäre das Gericht kaum gekommen, wenn es nicht der begründeten Ansicht wäre, dass Höcke ein Faschist ist. Faschismus ist aber das Gegenteil von Demokratie.
Als ich dieses Urteil las, habe ich mich sofort gefragt, wie so ein Mensch dann noch in Hessen Landesbeamter sein darf. Dazu noch in der Funktion eines Geschichtslehrers. Das Höcke derzeit beurlaubt ist und in Thüringen im Landesparlament sitzt, macht es für mich nicht besser, sondern schlimmer.
Darum habe ich Anfang Oktober meine Petition auf weACT gestartet. Ich habe gehofft, dass so 200 Menschen unterzeichnen und ich das Dokument dann hier in das Ministerium sende, vor dem wir stehen.
Heute wissen wir – es kam anders.
Stand heute Morgen haben wir 152.000 Unterschriften.
Dafür erst einmal großen Dank an alle Unterstützer*Innen und ganz besonderen Dank für die großartige Unterstützung an das weACT-Team .
Im Vorfeld haben wir uns intensiv bemüht eine persönliche Übergabe mit Minister Lorz zu organisieren. Leider lehnt das Ministerium die Annahme der Petition ab und verweist auf rechtliche Gründe. Demnach habe der Grundsatz des freien Mandats Vorrang vor dem besonderen Statusrecht des Beamten. Das gelte nicht nur für Abgeordnete des Deutschen Bundestages, sondern auch für hessische Beamt*Innen als Angehörige von Landesparlamenten.
Für mich ist das ein klarer Fall von Wegduckerei
Es gibt derzeit kein Gerichtsurteil dass die rechtliche Bewertung des Ministeriums bestätigt. Gäbe es aber rechtliche Hürden, hätte die Landesregierung doch die Möglichkeit die Initiative im Bundesrat zu ergreifen. Niedersachsen und Schleswig-Holstein wären da vermutlich auf ihrer Seite. Der Niedersächsische Innenminister Boris Pistorius hat die gleiche Forderung aufgestellt, wie ich und der Schleswig Holsteinische Innenminister Grote hat mir in Berlin persönlich zu meiner Initiative gratuliert.
Die Verweigerungshaltung der Hessischen Landesregierung ist das völlig falsche Signal in dieser Zeit.
Statt sich als Demokraten über die Unterstützung der Menschen im Lande beim Schutz unserer Demokratie zu freuen, lassen sie hier quasi über 151.000 Menschen kalt im Regen stehen.
Es geht hier bei der Annahme der Petition eben nicht nur um juristische Winkelzüge sondern im wesentlichen um Haltung.
Das ist ja, als wenn wir an der Küste dringend die Deiche erhöhen müssen, es aber lassen, weil es Verordnungen gibt, die das schwierig machen.
Sie, Herr Lorz und mit Ihnen die gesamte Landesregierung Hessens erhalten heute einen blauen Brief, ein Dokument in dem über 151.000 Menschen sich dafür einsetzen, dass der Faschist Björn Höcke nie wieder als Geschichtslehrer arbeiten wird und nie wieder in den Staatsdienst als Beamter zurückkehren darf.
Und nicht nur diese 151.000 Menschen werden sehr genau im Blick behalten, wie sie fortan mit dem Fall Björn Höcke umgehen.
Ich habe mir einige Male den Vorwurf anhören müssen, ich wolle den „Radikalenerlass“ aus den 70ern wieder reaktivieren.
Nein. Liebe Kritiker*Innen, das genau will ich nicht. Während der Durchführung des Radikalenerlasses wurden fast ausschließlich Linke Lehrer*Innen und Beamt*Innen aus den sogenannten K-Gruppen nach Aktenlage und teilweise auch auf den bloßen Verdacht hin arbeitslos .
Hier geht es um eine Einzelperson, die gerichtsfest als Faschist und damit Feind der Demokratie eingestuft ist.
Wir erleben in diesen Tagen zunehmende Gewalt von Rechts, die sozialen Medien sind geflutet von Hass und Hetze aus dem rechten Spektrum. Demokratische Politiker*Innen werden von Rechts bedroht und in bisher einem Fall und zwar genau hier in Hessen, auch getötet.
Es braucht jeden einzelnen Menschen um dieser braun-blauen Entwicklung entgegen treten.
Demokratie schützen, geht jeden an und ist nichts, was man delegieren kann!
Die Unterzeichner*innen der Petition, die Unterstützer*innen hier auf dem Luisenplatz in Wiesbaden, das weACT Team und ich haben im Fall Höcke unsere Hausaufgaben gemacht.
Jetzt ist es an Ihnen, Herr Lorz und an ihren Kolleg*innen in der Landesregierung!
Packen Sie es an und ducken Sie sich nicht weg!
Vielen Dank
Pressespiegel (Auswahl)
- Pressemitteilung von CAMPACT
- RTL Hessen
- HR – Hessenschau
- News4Teacher
- Thüringer Allgemeine (gleichlautend auch ‚Thüringische Landeszeitung‘, ‚Ostthüringer Zeitung‘, ‚Wiesbadener Tagblatt‘, ‚Wiesbadener Kurier‘)
- STERN
- Lokal26 (vollständiger Vorbericht ‚Wilhelmshavener Zeitung‘ 11.12.2019)
- Radio Jade (Vorbericht)
150.000 X Danke
Als ich die Reise am 02. Oktober diesen Jahres begann, hatte ich nicht die geringste Vorstellung, was mich damit erwarten würde. Ich bin überwältigt, dankbar für all die Unterstützung und gleichzeitig fühle ich mich angespornt diesen Weg weiter zu gehen und keinen Millimeter zu weichen.
Mein besonderer Dank gilt:
- über 150.000 Unterzeichner*innen
- dem großartigen Team von weACT / Campact für die unglaubliche, intensive und kreative Unterstützung
- meinem Mann Georg, ohne den ich dies nicht hätte tun können
- den über 60 Mitdemonstrant*innen in Wiesbaden
- dem Schleswig-Holsteinischen Innenminister Hans-Jürgen Grote für seine Unterstützung in Berlin
- meinen Mitstreiter*innen aus Wilhelmshaven und Friesland, insbesondere Elisabeth und Sina
- den Vertretern der regionalen und überregionalen Medien für die Berichterstattung
- den Unterstützer*innen in den sozialen Medien, die die Kampagne beworben und immer weiter getragen haben