BDK Neuer Vorstand
Gedanken zur Zeit

BDK Hannover – emotional-engagiert-erfolgreich

GRÜNER Parteitag im Zeichen des Aufbruchs und der Besinnung

Zeitweise hoch emotional ging es auf der Bundesdelegiertenkonferenz am 26. und 17. Januar in Hannover zu.

‚Lex-Habeck‘

Delegierte
BDK-Hannover 2018 | Foto: Ulf Berner

Nach den üblichen Formalia stand als erste wichtige Entscheidung am Freitag eine nicht unumstrittene Satzungsänderung an. Es ging um die ‚heilige Kuh‘, der Trennung von Amt und Mandat. Anlass war die Kandidatur von Robert Habeck für den neuen Bundesvorstand. Robert Habeck ist derzeit auch Umweltminister in Schleswig-Holstein. Es ging jedoch nicht, wie vielfach geschrieben, um den Wegfall des Grundsatzes, sondern um Übergangsfristen. Wie lange darf ein Parteifunktionär sein politisches Amt weiterführen um es geordnet übergeben zu können? Habeck bestand auf einer Übergangsfrist von mindestens 8 Monaten. Es wurde leidenschaftlich argumentiert und gestritten. Einige sprachen gar von der ‚Lex-Habeck‘ und ‚Erpressung‘. Habeck stellte jedoch klar, das er vollstes Verständnis für die hätte, die mit einer längeren Übergangsfrist nicht einverstanden seien – nur könne er dann eben nicht kandidieren. Im Ende stimmte eine große Mehrheit für eine Übergangsfrist von 8 Monaten.

Gedenken an Helmut Lippelt

Jürgen Trittin erinnert an Helmut Lippelt
Jürgen Trittin erinnert an Helmut Lippelt | Foto: Ulf Berner

Emotional wurde es, als Jürgen Trittin in einer großartigen Rede dem Mitbegründer Helmut Lippelt gedachte, der am 03. Januar im Alter von 85 Jahren verstorben war. „Helmut, das war der Mann mit dem lauten Lachen„, beschrieb Trittin den großen GRÜNEN aus Niedersachsen. „Ohne Helmut gäbe es uns GRÜNE, gäbe es BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN so nicht.“ stellte Trittin fest. Er beschrieb die vielen Stationen und Begebenheiten in denen es Helmut Lippelt war, der die unterschiedlichen Flügel und Strömungen einte und so die Partei schmiedete, die wir heute sind. Trittin schloss seine berührende und persönliche Rede mit den Worten denen sich wohl vorbehaltlos die 700 Delegierten anschließen konnten: „Danke Helmut, für alles, was Du für uns getan hast!

Gründung von QUEERGRÜN

QUEERGRÜN gegründet
QUEERGRÜN gegründet | Foto: Ulf Berner

Am Ende des ersten Abends wurde es dann noch einmal bunt. Die Bundesarbeitsgemeinschaften (BAG) Schwulenpolitik und Lesbenpolitik hatten den Antrag gestellt sich unter einem Gemeinsamen Dach mit dem Namen QUEERGRÜN vereinen zu dürfen (wir berichteten). Diesem Schritt waren lange Diskussionen in den einzelnen BAG voraus gegangen. Schnell war aber allen klar, das in Zeiten wachsender Repressalien und Diskriminierung von Seiten einer erstarkenden Rechten und die vielfältigen politischen Fragen der Zukunft gemeinsam viel besser und kraftvoller zu beantworten sind. Mit nur einer Enthaltung stimmten alle Delegierten für diesen Antrag und es gab eine kurze, bunte und fröhliche ‚Kundgebung‘ der queeren Delegierten und ihren Unterstützerinnen auf der Bühne.

Gegen das Vergessen

Hanny Levy
Hanni Levy | Foto: Ulf Berner

Am Samstag standen nicht nur die wichtigen Wahlen zum neuen Vorstand und zum Parteirat an – Nein, es war der 27. Januar – Der 73. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee. Aus diesem Anlass hatte Claudia Roth die Überlebende Hanni Levy auf die BDK eingeladen. Frau Levy’s Geschichte wurde bekannt durch den Film „Die Unsichtbaren„, der von Jüdinnen und Juden erzählt die es geschafft hatten durch Untertauchen, dem Holocaust zu entkommen. In der Einführungsrede beschrieb Claudia Roth den Moment der Befreiung als den, in dem zwei Worte ihren Ursprung nahmen „NIE WIEDER!“ Wie unumgänglich ein ‚Erinnern in die Zukunft‘ ist, beschreibt Claudia Roth sehr eindrücklich:“Es erscheint mir wichtiger, denn je, wenn erstmals seit dem zweiten Weltkrieg im Deutschen Bundestag, in der Herzkammer unserer lebendigen, unserer starken Demokratie, wieder Abgeordnete das Wort ergreifen, die einen Schlussstrich ziehen wollen, wo es keinen Schlussstrich geben kann!

Hanni Levy beklagte, dass heute in der hektischen Zeit das Erinnern leicht vergessen werde. Dabei wäre es um so wichtiger, als das die alten Muster wieder benutzt würden, bei denen wieder den anderen die Schuld an allem was passiert gegeben werde. „Früher hat man gesagt, die Juden sind an allem Schuld. Ja, heute sind es die Flüchtlinge.“ Bezogen auf die aktuelle Geflüchteten-Diskussion sagte Levy „Man sollte nie vergessen, wie schwer es ist, alles zurück zu lassen, um zu leben.„.

And the winner is…

Der neue Bundesvorstand
Der neue Bundesvorstand (v.L. Michael Kellner, Robert Habeck, Annalena Baerbock,Jamila Schäfer, Benedikt Mayer) | Foto: Ulf Berner

Unter großem medialen Interesse und mit großer Spannung der Delegierten ging es an die Wahl des neuen Vorstandes. Als einziger Mann stand Robert Habeck zur Wahl. Spannend wurde es vor allem bei der Wahl der Vorstandssprecherin. Hier konkurrierten die als aussichtsreich gehandelte Annalena Baerbock aus Potsdam und die dem linken Flügel zugerechnete Niedersächsin Anja Piel. Beides starke Frauen, die bereits in ihren bisherigen Aufgaben viel Kraft, Engagement, taktische Klugheit und Durchsetzungsvermögen bewiesen hatten.

Anja Piel sagte im Vorfeld der Wahl der Presse auf Nachfrage, dass sie diesmal sehr aufgeregt sei, hatte sie doch bisher bei Wahlen, denen sie sich gestellt hatte, nie eine direkte Konkurrentin gehabt. Bei Annalena Baerbock entlud sich die Anspannung in einer starken, erfrischenden und kämpferischen Rede, während der gesundheitlich etwas angeschlagenen Anja Piel leider während ihrer Rede die Stimme versagte. Ob dies den Ausschlag gab, ob es die Schwerpunkte in der Reden waren oder ein geringerer Bekanntheitsgrad Piels im Rest der Republik, lässt sich nicht abschließend sagen. Annalena Baerbock erhält im Ende die große Mehrheit der Stimmen. Robert Habeck bekam nicht den gefürchteten Denkzettel wegen der durch ihn verursachten Satzungsänderung am Vortag und wurde ebenfalls mit großer Mehrheit gewählt. Als Schatzmeister wurde Benedikt Mayer bestätigt, wie auch Michael Kellner als politischer Bundesgeschäftsführer. Neu im Vorstand als stellvertretende Vorstandssprecherin ist Jamila Schäfer.
Einen wichtigen Wahlerfolg aus Niedersächsischer Sicht gab es dann aber doch: Christian Meyer wurde in den Parteirat gewählt.

Blumen für die Ehemaligen

Peter Maiwald mit Hans-Christian Ströbele
Peter Maiwald mit Hans-Christian Ströbele | Foto: Ulf Berner

Unter großem Applaus und mit einem Blumenstrauß verabschiedete Michael Kellner die nach der letzten Wahl aus dem Bundestag ausgeschiedenen, bzw. nicht erneut angetretenen ehemaligen Bundestagsabgeordneten. Darunter waren auch aus Niedersachsen Brigitte Pothmer und Peter Maiwald. Den eindrucksvoll größten Applaus und stehende Ovationen konnte allerdings Hans-Christian Ströbele für sich verbuchen. Michael Kellner gab seiner Hoffnung Ausdruck dass wir GRÜNEN von diesen engagierten und versierten Politiker*innen auch zukünftig hören werden und sie ihre Erfahrungen und Kenntnisse an anderer Stelle in die Partei einbringen.

 

Videos

Gedenken an Helmut Lippelt

Jürgen Trittin gedenkt Helmut Lippelt
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Claudia Roth und Hanni Levy
erinnern an die Befreiung von Auschwitz

Erinnerung an die Befreiung von Auschwitz
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Gründung der Dachstruktur
QUEERGRÜN

Gründung von QUEERGRÜN
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Impressionen von der BDK

 

 

 

Ulf Berner ist Kaufmann, Journalist und Kommunalpolitiker Seit 2021 Ratsherr im Stadtrat Wilhelmshaven

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